"Psychologe: Unterstützung für befreite Geiseln"
Offizier S. ist Psychologe beim Jagdkommando, einer Spezialeinheit des österreichischen Bundesheeres. In seiner Funktion hat er sich auf die Aufarbeitung von Extremsituationen spezialisiert, in denen Elitesoldaten ausgebildet werden. Dazu gehören auch spezifische Kurse, in denen Kriegsgefangenschaft simuliert wird, um die Soldaten auf extreme Stresssituationen vorzubereiten. In einem Gespräch mit der „Krone“ äußerte er sich über die psychischen Belastungen, denen die israelischen Geiseln während ihrer Gefangenschaft ausgesetzt waren, und welche Unterstützung ihr Umfeld ihnen nach der Freilassung bieten kann.
Die psychologischen Belastungen, die Geiseln in Krisensituationen erfahren, sind vielfältig. S. erläutert, dass die Geiseln oft unter immensem Stress leiden, der sowohl physischer als auch psychischer Natur ist. Isolation, Angst um das eigene Leben und der Verlust von Kontrolle über die eigene Situation sind nur einige der Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind. Diese extremen Bedingungen können langfristige psychische Folgen haben, wie posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS), Depressionen oder Angststörungen.
Besonders wichtig ist laut S., dass die Geiseln nach ihrer Freilassung in einem unterstützenden Umfeld wieder Fuß fassen können. Oft gelinge es, nach einer solch traumatischen Erfahrung, mit den eigenen Emotionen und den Folgen der Erlebnisse umzugehen, wenn die Rückkehr in die gewohnte Umgebung von Verständnis und Hilfe geprägt ist. Angehörige und Freunde spielen hierbei eine entscheidende Rolle und sollten sensibilisiert werden, um den Betroffenen den Zugang zu nötigen Hilfsangeboten zu erleichtern.
S. empfiehlt, dass vor allem Zuhören und emotionale Unterstützung im Vordergrund stehen sollten. Geiseln benötigen oft Zeit, um ihre Erlebnisse zu verarbeiten. Es ist wichtig, ihnen Raum und Zeit zu geben, ohne Druck auszuüben. Zudem sollten sie motiviert werden, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die traumatischen Erlebnisse aufzuarbeiten.
Ein weiterer Aspekt, den S. anführt, ist die Bedeutung eines geregelten Alltags nach der Rückkehr. Tagesstrukturen, Routinen und positive Aktivitäten können dazu beitragen, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und ein Gefühl von Normalität zurückzugewinnen. Dies bedeutet, dass soziale Kontakte gepflegt und Hobbys neu entdeckt werden sollten, um die Integration in die Gesellschaft zu erleichtern.
Abschließend betont Offizier S., dass der Prozess der Wiedereingliederung für ehemalige Geiseln Zeit in Anspruch nehmen kann und dass individuelle Ansätze notwendig sind. Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf traumatische Erlebnisse, weshalb ein empathisches und angepasstes Vorgehen wichtig ist, um den Betroffenen ein unterstützendes Umfeld zu bieten.